Kanyakumari – die südlichste Stadt Indiens

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Dröhnend erschallen harsche, unfreundliche Parkanweisungen über Lautsprecher als wir die Kleinstadt Kanyakumari erreichen. Eine Heerschar von geparkten Bussen und Autos lassen mich schon Böses ahnen. Jährlich zieht es Millionen von Pilgern und Touristen nach Kanyakumari. Hässliche Neubauten reihen sich ohne Charme aneinander und der bedeckte Himmel, der bereits am Nachmittag für düstere Stimmung sorgt, macht es auch nicht wirklich besser.

Das soll dieser besondere Ort sein, wo man Sonnenaufgang und –untergang vom gleichen Platz beobachten kann?

Hier sollen sich die Bengalische See, der Indische Ozean und das Arabische Meer vereinen?

Meine Vorstellungen und Erwartungen waren eindeutig zu romantisch!

Die Lautsprecher dröhnen nervend weiter und wir suchen unser Hotel, das im Stadtzentrum liegt, natürlich in einem dieser hässlichen Gebäudekomplexe. Wenigstens hat Prabhu die Zimmer im obersten Stock gebucht und auf der riesigen Dachterrasse bietet sich eine wunderschöne Aussicht auf das Meer. Auf den zwei Felsen, die nicht weit von der Küste liegen, sehen wir das Vivekananda Memorial. Hier soll der berühmte indische Philosoph Vivekananda 1893 drei Tage lang meditiert haben. Auf dem anderen Felsen steht die über 40m hohe Statue des tamilischen Dichters Tiruvallur. Beide Inseln kann man mit dem Boot besuchen. Auch entdeckten wir das Gandhi Mandapam, eine Gedenkstätte für den grossen Mahatma Gandhi, dessen Asche nach seinem Tod 1948 an dieser Stelle dem Meer übergeben wurde.

Insgeheim habe ich mir den Sonnenuntergang und –aufgang schon in allen orange-roten Farbstufen vorgestellt. Das wird sicherlich tolle Fotos geben. Zuversichtlich hoffe ich, dass der Himmel gegen Abend aufklärt.

Etwas später machen wir uns auf den Weg zum berühmten Kumari Amman Tempel. Kumari Amman ist die jungfräuliche Göttin, die viele zum Weinen bringt, wenn man zu ihr betet. Man glaubt, dass sie die Starrheit in unserem Geist auflösen kann. Dargestellt wird sie mit einer Gebetskette, einer Japamala und ihr Reittier ist ein Löwe oder ein Tiger.

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Eigentlich sollte die junge Prinzessin mit Lord Shiva vermählt werden. Der Hochzeitstag und die Uhrzeit, die man genau einhalten musste, waren schon ausgemacht und Shiva bereits auf dem Weg zu seiner Braut. Doch die Devas baten den Götterboten Narada inständig die Hochzeit zu verhindern, da nur eine Jungfrau den mächtigen Dämon Banasura vernichten könnte. So täuschte Narada in der Form eines Hahnes eine falsche Uhrzeit vor. Shiva, der dachte, dass er nicht pünktlich zur Hochzeit eintreffen würde, kehrte traurig um und die Hochzeit fand nicht statt. Kumari wurde sehr wütend, beschloss aber jungfräulich zu bleiben und weiterhin Lord Shiva die Treue zu halten. Ihr Zorn verlieh ihr ungeahnte Kräfte und später gelang es ihr den mächtigen Dämon Banasura zu töten.

Auf dem Weg zum Tempel säumen viele Marktstände den Straßenrand. Aufdringliche Händler und Verkäufer bieten lautstark ihre Waren feil. Die Menschenmassen nehmen immer mehr zu und der Tempel erscheint eng und klein. Während unsere Gäste sich mit unserem Fahrer in den Tempel wagen , warten wir geduldig bei den Ghats. Keiner von uns hat Lust sich in diese Menschenmenge zu stürzen.

Auch der Abend bringt uns kein Glück. Vom Sonnenuntergang ist nichts zusehen und auch der Sonnenaufgang am nächsten Morgen versteckt sich hinter einer dichten Wolkendecke.

Obwohl man Kanyakumari eine gewisse spirituelle Atmosphäre nicht absprechen kann, bin ich nicht warm geworden mit diesem Ort. Vielleicht müsste ich Kanyakumari nochmals bei schönem Wetter und in der Nebensaison eine Chance geben. Mit solchen Bildern könnte Kanyakumari dann auftrumpfen.

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