Im weißen Saree – eine Liebesheirat in Indien

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Die Mutter des Bräutigams macht auf jedem Bild ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Nur auf einem Gruppenfoto zieht es ihre Mundwinkel etwas nach oben. Die Hochzeit ihres Sohnes scheint sie nicht grade zu beglücken, dabei strahlt und lacht die schöne Braut in ihrem weißen Sari auf jedem Foto und der Bräutigam steht voller Stolz daneben. Ein schönes Paar, das sich da gefunden hat.

Mein Sohn Suriyan spielt am Boden mit den alten Spielsachen, die einst der Braut gehörten, und ich sitze mit Shila, unserer Nachbarin von gegenüber, am Tisch und schaue mir das dicke Fotoalbum von der Hochzeit ihrer älteren Tochter an. Es ist eine Love Marriage, eine Liebesheirat. Ihre ältere Tochter hat erst kürzlich einen Brahmanen geheiratet und lebt nun in den USA. Wie üblich in Indien wurde bei der Hochzeitsfeier nicht gespart. Man sieht, dass beide Parteien nicht an Geldmangel leiden.

Mit mütterlichem Stolz zeigt mir Shila die zahlreichen Fotos. „That’s her friend from US, that’s his uncle from Mumbai, he’s a doctor, this is my sister and her family from Kerala, ….”

Es wurde eine christliche Hochzeit ausgerichtet, denn die Braut ist Christin. Für die traditionelle hinduistische Hochzeit, die den Bräutigam-Eltern natürlich lieber gewesen wäre, wurde kein passendes Datum mehr gefunden. Das Datum wird aufgrund der Horoskope des Brautpaares ausgerechnet, um für die Ehe den perfekten Start zu gewähren. Ich erfahre vieles, vielleicht grade, weil ich eine Ausländerin bin und schließlich auch nicht traditionell geheiratet habe. Shilas Schwiegersohn ist ein Einzelkind und als Brahmane gehört er zur höchsten Hindukaste. Dass seinen Eltern eine arrangierte Ehe mit einer gläubigen Brahmanin lieber gewesen wäre, liegt auf der Hand. Aber die Macht der Liebe hat zugeschlagen! Wie ich von Shila erfahre, wollte das Paar eigentlich nur eine standesamtliche Hochzeit feiern, aber damit kamen sie scheinbar bei den Eltern nicht durch.

„Wenn dann ein Enkelkind unterwegs ist, wird sicher alles besser“, meine ich zu Shila, die sich nicht hinter ihrem christlichen Glauben verschanzt und eine gewisse Offenheit und Toleranz zulässt. Doch sie schüttelt den Kopf. „Dann werden die Probleme erst richtig anfangen!“

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