Mit stolzgeschwellter Brust

Selbst die Milchbeutel recken ihre prall gefüllten Bäuche voller Stolz in die Höhe. Seit ein paar Tagen werden sie in einem neuen Outfit geliefert und tragen das Logo der 44. Schachweltmeisterschaft.

Indien ist in die Bresche gesprungen, denn eigentlich hätte die Schachweltmeisterschaft in Russland stattfinden sollen. Wohl aus Unpässlichkeit, denn über die wahren Gründe mag man hier in Indien nicht sprechen, sind die Russen nun zurückgetreten oder vielmehr zurückgetreten worden.

Und ja, Indien hat seine Chance bekommen und wahrgenommen. Innerhalb von 4 Monaten wurden in Mamallapuram, einer historischen Kleinstadt etwas außerhalb von Chennai,  adäquate Unterkünfte aus dem Boden gestampft und der gesamte Großanlass organisiert.

Der Ort, oder besser gesagt der Bundesstaat scheint richtig gewählt worden zu sein, denn Tamil Nadu hat 24 Grandmaster hervorgebracht und ist damit an einsamer Spitze.

Gestern war im Nehru-Stadium in Chennai die pompöse Eröffnung. Auch Premierminister Modi ließ es sich nicht nehmen, diesem Anlass beizuwohnen und ist nach Chennai gereist, wo 23’000 Polizisten und Polizistinnen im Einsatz waren. Sicherheitsstufe 7 ist angesagt, wenn Modi unterwegs ist. Die Schülerinnen und Schüler hatten schulfrei und alle Bars wurden geschlossen. Sicher ist sicher! Die Leute sollten brav zu Hause bleiben und sich im Fernseher die Liveübertragung ansehen.

“Das hat Indien noch nie gesehen! Eine Weltmeisterschaft auszurichten ist Neuland für uns!”, meint mein Liebster und etwas Stolz schwingt auch in seiner Stimme mit.

Die Eröffnungsfeier wurde mit viel Nationalstolz ausgerichtet. Kulturelle Tänze, Trommler, Musik, aber auch hypermoderne Lightshows durften nicht fehlen. Verhalten lächelnd und zwei-dreimal händeklatschend nach jeder Darbietung sassen Premierminister Modi und der Chiefminister Tamil Nadus, M. K. Stalin harmonisch nebeneinander.

Die langweiligen Reden all dieser Minister, denen die Brust vor Stolz fast platzte, habe ich mir dann geschenkt. Zuviel Nationalismus und Eigenlob kann ich schlecht ertragen.

Ob das Ganze den ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern gefallen hat? Keine Ahnung! In Interviews lächeln sie stets und äußern sich nur positiv. Vielleicht hat das Exotische und Unbekannte doch einen gewissen Reiz? Oder waren sie einfach von Jasminduft betört?

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