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Ein dickes Ohr und die böse Acht

Die böse Acht

Mit Erschrecken habe ich festgestellt, dass ich seit über einem halben Jahr nichts mehr auf meinem Blog veröffentlicht habe. Wie schnell die Zeit doch vergeht.

Ich unterrichte nun Vollzeit und irgendwie ist immer so viel los, dass die Zeit nie reicht. Da ich beruflich nun mehrheitlich vor dem PC sitze, versuche ich meine rare Freizeit lieber bildschirmfrei zu gestalten. 

In meinem Alltag gibt es immer wieder Momente, die mich an meinen Blog erinnern, denn an spannenden Themen mangelt es hier in Indien tatsächlich nicht. Aber leider schreiben sich die Artikel nicht von selbst.

Unser Sohn steht kurz vor seinen Matur-Prüfungen (Abitur) und ist sehr gestresst. Das Pensum, das er zu bewältigen hat, ist auch gewaltig. Sein Plan steht nun: Er möchte diesen Herbst an der Uni Zürich Mathematik studieren. Meine Gene sind dafür mit Sicherheit nicht verantwortlich ;-). Ich mag gar nicht daran denken, wie das Leben hier ohne ihn weitergehen wird. 

Und wie es so ist: Ein halbes Jahr nach dem letzten Bericht sind unsere Hundemädels wieder crazy. Ich habe zwei heulende, läufige Mädels zu Hause, die wieder einmal nur noch Hundemänner im Kopf haben. Simba macht sogar den abgemagerten, räudigen Kötern schöne Augen und flirtet, was das Zeug hält. Soll einer die Hundedamen verstehen! Wenn ich eine Hundedame wäre, wüsste ich jedenfalls sofort, dass nur Gümper, ein schöner, schwarzer und vor allem ein sehr freundlicher Rüde, in Frage käme. 

Die kleine Hundedame bereitet uns etwas Kummer. Wir waren bereits dreimal beim Tierarzt. Sie hat ein richtig dickes Ohr!

Ein dickes Ohr

Blutohr nennt man dies scheinbar in der Fachsprache. Dreimal hat der Tierarzt mit einer großen Spritze das Blut abgesaugt, aber es füllt sich immer sofort wieder von Neuem. Die Arme schluckt inzwischen eine halbe Apotheke und trotzdem bleibt das Ohr dick. Der Tierarzt spricht nun von operieren, kann aber auch hier keinen Erfolg garantieren. Im Internet habe ich gelesen, dass Blutegel in solchen Fällen super seien. Doch wo krieg ich hier einen Blutegel her? Und abgesehen davon finde ich schon die Vorstellung äußerst eklig. Morgen geht es wieder zum Tierarzt … operieren ist für mich noch keine Option.

Seit zwei Wochen rechne ich beim Spazierengehen die Quersummen von allen Auto- und Motorrad-Nummernschildern aus. Sohnemann hat mich angefixt. Immer wieder wanderten meine Augen über die Schilder und mein Hirn begann zu rechnen. Krampfhaft suchten wir nach der Quersumme 8. 500 Rupees wollte der Schulfreund unseres Sohnes für jedes Nummernschild mit der Quersumme 8 bezahlen. Ein Moment der Freude erfüllte mich, als ich endlich auf eine langersehnte 8 stieß. Nochmals rechnete ich sorgfältig nach und ja, es war tatsächlich eine 8. “Schau eine 8!”, rief ich enthusiastisch. Mein Sohn machte meiner Freude sofort den Garaus: “Das zählt nicht Amma, dieses Auto ist aus Telangana. Es muss ein Nummernschild aus Tamil Nadu sein!”

Er forschte schließlich im Internet und es zeigte sich, dass dieses Unterfangen wohl niemals von Erfolg gekrönt sein würde. Denn die böse Quersumme 8 wurde vom Verkehrsamt tatsächlich verbannt. Denn niemand wollte und will die Quersumme 8 haben. Rein theoretisch wäre es möglich, auf ausdrücklichen Wunsch eine Autonummer mit der Quersumme 8 zu bekommen, aber dazu müsste man beim Verkehrsamt einen speziellen Antrag stellen.

In Indien, vor allem im Süden, gilt die Nummer 8 als Unglückszahl. Wichtige Ereignisse im Lebenslauf wie Verlobungen, Heiraten, Wohnungseinweihungen, Taufen, aber auch wichtige Käufe oder Abschlüsse von Verträgen werden an 8er-Tagen vermieden. Man versucht Misserfolgen so vorzubeugen. Es wird angenommen, dass die Zahl 8 wie eine dünne Schnur zwischen Glück und Unglück ist. Die 8 bringt Pech, wenn man mit schlechten Menschen oder Gedanken umgeben ist. Dass man im indischen Straßenverkehr alle indischen Götter, Göttinnen und Hilfen zurate zieht, kann ich verstehen. Die Unfallstatistiken sehen schlecht aus. Jährlich verunglücken und sterben sehr viele Menschen auf indischen Straßen.

Trotzdem staune wieder einmal mehr, was hier doch alles möglich ist. Eine Pseudowissenschaft wie die Numerologie findet tatsächlich Anwendung in einem offiziellen Amt der Regierung. 

Das ist mein INCREDIBLE INDIA! 

15 Antworten

  1. Schön, wieder von dir zu lesen!
    Ts, Ts, Ts, das mit den Unglückszahlen ist schon vertrackt. In China ist die 9 eine solche Unglückszahl. Wir mussten damals unser schönes neues 9-Ganggetriebe in ein 8+1 Gang-Getriebe umbenennen.
    In Thailand wohnten wir neulich in einem Hochhaus, in dem es keinen 13. Stock gab. Nach Etage 12 kam gleich Etage 14, was ja auch unsinnig ist, weil dann halt die 14 trotzdem im dreizehnten Stock liegt.
    Wenn man global alle Pechzahlen vermeiden will, bleibt nicht mehr viel übrig.

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