Vijayadasami

Vijayadasami – ein Tag für die Göttin Saraswati

Suriyan sah aus wie ein kleiner Prinz in seiner traditionellen indischen Kurta und der dicken Goldkette, die er von seinen Großeltern geschenkt bekommen hat. Es war ein besonderer Tag für uns alle, denn in der Playschool feierten wir Vijayadasami. Dieser Tag hat eine tiefe kulturelle und spirituelle Bedeutung, besonders in Südindien. Es ist der perfekte Zeitpunkt, um etwas Neues zu beginnen, sei es eine Ausbildung, ein Studium, ein Projekt oder eine neue Lebensphase.

Vijayadasami ist der zehnte und letzte Tag des Navaratri-Festes, das in ganz Indien groß gefeiert wird. Hier in Tamil Nadu steht die Göttin Saraswati im Mittelpunkt. Sie ist die Göttin des Wissens, der Weisheit und der Künste – ein Symbol für alles, was mit Lernen, Kunst und Erziehung zu tun hat. Meistens wird sie mit einer Veena, einem traditionellen Musikinstrument, dargestellt, während sie auf einem weißen Schwan sitzt. Ihre Verehrung ist ein fester Bestandteil der Feierlichkeiten, da sie als Inspirationsquelle für Bildung und kreative Künste gilt.

Die Göttin Saraswati, Ehefrau von Brahma

Am Morgen machten wir uns auf den Weg in die Playschool, denn die Lehrerinnen hatten ein besonderes Programm vorbereitet. Im Unterrichtsraum hatten sie einen Altar aufgebaut. Der Altar war mit Blumengirlanden und Bildern von Saraswati und Ganesha geschmückt. Auch Lord Ganesha, der als Beseitiger von Hindernissen gilt, wurde verehrt – schließlich soll alles Neue ohne Hindernisse beginnen können.

Eine besondere Atmosphäre durchzog den Raum. Auf dem Boden waren schöne Rangoli, die aus buntem Pulver und Blütenblättern gestreut wurden. Diese kunstvollen Muster, oft mit traditionellen Motiven, bringen Glück und positive Energie.

Vijayadasami
Der geschmückte Altar in der Playschool unseres Sohnes

Suriyan durfte seiner Playschool-Auntie auf den Schoß sitzen und in eine große, silberne Schüssel gefüllt mit Reis das heilige Symbol OM schreiben. Dieses Ritual hat eine tiefe symbolische Bedeutung. Das Schreiben von OM, das als Urklang des Universums gilt, markiert den Beginn der Lernreise eines Kindes. Es war rührend, unseren Sohn in diesem Moment zu beobachten.

Vijayadasami
Voller Konzentration schreibt er das heilige Symbol Om

Nach dem Ritual faltete Suriyan kurz die Hände zum Gebet. Diese Geste des Respekts und der Hingabe vor dem Altar war so schlicht, aber gleichzeitig so tief bewegend. Als Belohnung für seine Teilnahme erhielt er ein kleines Geschenk von der Schule, was ihn sichtlich freute.

Für die Lehrerinnen hatten wir Früchte und einen großzügigen Batzen mitgebracht. Vijayadasami ist auch ein Tag, an dem man dem Guru, also dem Lehrer, Dankbarkeit zeigt. In Indien hat der Lehrer eine sehr respektierte Rolle, fast vergleichbar mit der eines Elternteils, da er oder sie das Wissen weitergibt und das Fundament für die Zukunft eines Kindes legt. Natürlich habe ich als Lehrerin in der Schweiz auch ab und zu ein Dankeschön von den Eltern bekommen, aber das hat hier in Indien schon nochmal eine andere Dimension. Es fühlte sich richtig an, den Lehrerinnen etwas zurückzugeben und ihre wichtige Arbeit zu ehren.

Das ganze Erlebnis war für mich als Mutter ebenso bedeutsam. Es war nicht nur ein Ritual, sondern auch eine Erinnerung an die Werte, die in Indien so tief verwurzelt sind. Bildung, Respekt vor Wissen und die Verbindung zu den Traditionen – all das kommt an einem Tag wie Vijayadasami zusammen.

Für Suriyan war es ein spannender Tag mit Geschenken und besonderen Ritualen, aber ich hoffe, dass diese Erlebnisse einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Es war einer dieser Momente, in denen ich als Mutter besonders froh war, dass wir in einer Kultur leben, die solche schönen Traditionen pflegt.

Navaratri, das Fest der neun Nächte, wird durch Saraswati an Vijayadasami abgeschlossen. Jede Nacht wird die göttliche weibliche Energie Shakti durch verschiedene Göttinnen verehrt. Jede Göttin steht für bestimmte Aspekte des Lebens: Stärke, Wohlstand, Wissen, … 

Mehr Informationen zu Navaratri findest du hier,

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