Ich erinnere mich noch gut daran, dass meine Großmutter sich nie freute, wenn Krähen in die Nähe unseres Hauses flogen. Sie deutete dies immer als schlechtes Omen, als Vorbote des Todes. Sie meinte, wenn Krähen nahe herankommen, würde bald jemand sterben.
Hier in Indien haben Krähen ein gutes Image. Man glaubt auch, dass Krähen mit der Totenwelt in Verbindung stehen. Sie sind die Verbindung zwischen den verstorbenen Ahnen und uns. Werden die Götter in der Andacht (Pooja) geehrt und lobpreist, dann wird auch immer den verstorbenen Ahnen gedacht. So werden die Krähen oft gefüttert. An Festtagen kosten die schwarzen Vögel das Festmahl zuerst. „KAA, KAA, KAA, …“, hört man es oft in unserer Nachbarschaft rufen und es dauert nicht lange, dann machen sich die Krähen über das Essen her.
Hier noch einen Tagebuchtext aus dem Jahr 2006, den ich euch nicht vorenthalten möchte:
Pünktlich zur Mittagszeit besucht mich immer eine Krähe vor dem Küchenfenster und beglückt mich mit ihrem Krächzen. Monate lang habe ich sie ignoriert, erst gar nicht richtig wahrgenommen, aber irgendwann machte mich ihr hartnäckiges Erscheinen und vor allem ihre Pünktlichkeit schon neugierig. Prabhu meinte, als ich ihn auf den schwarzen Vogel ansprach, dass er um Futter fragen würde.
Eigentlich finde ich das Füttern von Krähen, wie es hier üblich ist, nicht so eine tolle Sache, denn die Krähenpopulation ist hier enorm groß und andere Vogelarten werden zurückgedrängt. Aber „meine“ Krähe hat mein Herz schließlich doch erobert und seit zwei Tagen bekommt sie nun ein wenig Reis zum Mittagessen. Doch dieses wird, wie es bei den sozialen Krähen üblich ist, brüderlich oder partnerschaftlich geteilt. Lege ich den Reis hin, beobachten mich zwei hellwache, schlaue Krähenaugen ganz genau und registrieren jede Bewegung. Danach wartet sie, bis ich im Haus verschwunden bin, fliegt weg und holt eine zweite Krähe herbei. Ich vermute, dass es sich um den Partner oder die Partnerin handelt, denn Krähen leben in monogamen Partnerschaften. Nach Sicherheitschecks, sie wissen genau, dass hier ein Hund lebt, machen sich die beiden über den Reis her.
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