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Herzlichen Glückwunsch zur Geburt!

Über den Mundschutz hinweg strahlen die Augen des frischgebackenen jungen Vaters. Nochmals gratuliere ich herzlich und er überreicht uns Soan Papdi, indische Süßigkeiten zur glücklichen Geburt seines Sohnes.

In dieser schwierigen Corona-Zeit war die Schwangerschaft und Geburt eine besondere Herausforderung. Das Kindlein kam letzten Sonntag per Kaiserschnitt zur Welt. Der Arzt wollte nicht weiter zuwarten und der Sonntag war scheinbar astrologisch gesehen ein guter Tag. Bereits eine halbe Stunde nach der Geburt rief uns Ganesh an und überbrachte seinem Boss die guten Nachrichten.

Wir freuen uns alle mit dem jungen Paar. Endlich dürfen sie ein Kindlein in ihre Arme schließen.

Bei vielen Paaren klappt es mit dem Kinderwunsch schon lange nicht mehr auf Anhieb. Fertility Centers, Kinderwunsch-Kliniken schießen auch in Indien nur so aus dem Boden. Klappt es mit dem Kinderwunsch nicht, gehen indische Paare, vor allem die Frauen durch die Hölle. Bereits ein Jahr nach der Hochzeit wird man von Verwandten ungeniert auf eine mögliche Schwangerschaft angesprochen. Wenn man nicht vor Glück strahlend berichten kann, dass man in Erwartung ist, dann wird mit Tipps und Ratschlägen nicht gespart. Ein unerfüllter Kinderwunsch ist sicherlich für jedes Paar schwierig. In Indien jedoch ist Elternschaft für die meisten ein selbstverständliches Lebensziel, das kaum infrage gestellt wird. Die Lebensbiografie ist klar vorgegeben: Man heiratet – man hat Kinder! Wer da nicht reinpasst, hat es oft nicht einfach.

Für untere Schichten ist ein Kind, vor allem ein Sohn auch immer die Vorsorge fürs Alter. In einem Land, wo die wenigsten Altersrenten beziehen und es kaum soziale Auffangnetze gibt, sorgen die Nachkommen, vor allem die Söhne für die betagten Eltern. Mädchen werden von vielen Familien als Belastung gesehen. Obwohl die Mitgift per Gesetz verboten ist, werden immer noch „Brautgeschenke“ in der Höhe von mehreren Jahresgehältern erwartet. So sind Mädchen mit immensen Kosten verbunden. Einen Sohn zu haben, ist für viele Familien sehr wichtig, denn oft ist er alleinige Altersvorsorge und nur so wird der Familienstamm weitergeführt.

Gerne hätte ich das Neugeborene und die frischgebackenen Eltern besucht, aber wegen Corona ist dies zur Zeit nicht möglich. Auch kein Foto gibt es. Ganesh erklärt mir, dass es in der tamilischen Tradition nicht üblich sei, in den ersten drei Lebensmonaten Bilder des Kindes zu machen. Man will das Kind vor Neid und dem „evil eye“, dem bösen Auge schützen. Zum Schutz gegen das Böse werden Kleinkindern auch immer hässliche schwarze Flecken ins Gesicht gemalt. Diese sollen den bösen Blick ablenken.

In Indien ist es üblich, dass die werdende Mutter Ende Schwangerschaft zurück ins Elternhaus zieht. Die eigene Mutter wird bei der Geburt dabei sein und die Tochter unterstützen. Ehemänner sind im Kreißsaal in der Regel nicht mit von der Partie.

Die meisten Mütter bleiben auch die ersten Wochen nach der Geburt im Haus der eigenen Eltern. Die Pflege des Kindes übernimmt meist die Großmutter. Bei meiner Nichte kam zum Baden und zur Babymassage sogar eine Frau aus dem Dorf vorbei.

Auch der Name des Sohnes ist noch nicht entschieden. Hier in Indien kann man sich dafür Zeit lassen. Viele Familien suchen auch für die Namensgebung einen Astrologen auf. Der Astrologe berechnet nach der Geburtszeit geeignete Anfangssilben.

So hoffe ich nun, dass ich das Büblein in einigen Monaten besuchen kann.

Weitere Informationen zu diesem Thema findest du hier:

https://meinlebeninindiendotblog.wordpress.com/2018/06/20/arrangiert-in-die-ehe/

https://meinlebeninindiendotblog.wordpress.com/2019/03/18/von-grossmuettern-und-grossvaetern-und-der-tatsache-dass-wir-alle-miteinander-verwandt-sind/

10 Antworten

  1. Toller Beitrag und toller Blog, über den ich gerade zufällig gestoßen bin. Die „kinderlose“ Hölle, wie Du sie beschreibst, gibt es auch in Deutschland, worüber ich auf meinem Blog gerade berichte. Aber das ist natürlich ein anderes Thema. Ich finde es gut, das mal durch einen andere Brille zu betrachten. Vielen Dank dafür.

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