Willkommen in Indien! Das Land, das dich gleichzeitig mit offenen Armen empfängt und dich sprachlos hinterlässt – und nein, nicht wegen der inspirierenden Architektur oder der indischen Küche – zumindest nicht nur!. Es ist vielmehr die pure Intensität, die dir gleich beim ersten Schritt aus dem Flughafen entgegenschlägt. Alle deine Sinne werden erst mal mit Reizen überflutet werden.

Incredible India – der Werbeslogan des indischen Tourismus trifft voll ins Schwarze.  Wenn du glaubst, gut vorbereitet zu sein, weil du den Reiseführer gelesen hast, sei dir gesagt: Der wahre Kulturschock wartet außerhalb der Seiten!

Die Temperatur ist nicht das Einzige, was dich überwältigt

Du steigst aus dem Flugzeug und wirst von einer Wand aus Hitze und Feuchtigkeit begrüßt. Natürlich, je nachdem wann und wohin dich deine Reise bringt.  Diese „Willkommensgeste“ mag für Indien-Neulinge überwältigend sein – besonders, wenn du aus einem klimatisierten Flugzeug kommst und dich an kühle Herbst- oder Wintertemperaturen gewöhnt hast. Es dauert nicht lange, bis du feststellst: Ein Spaziergang von zehn Minuten bringt dich zum Schwitzen, und du entdeckst, dass Ventilatoren und Klimaanlagen zu deinen besten neuen Freunden werden. Aber pass auf! Es ist zwar angenehm, unter dem Ventilator oder in einem kühlen Restaurant zu sitzen, aber die Gefahr, sich zu erkälten, ist sehr groß. Es empfiehlt sich, eine leichte Jacke oder einen Schal für diese Zwecke bei sich zu haben. 

Musik des Alltags 

Während du noch die Umgebung aufnimmst, realisierst du, dass der Lärmpegel hier ein ganz anderes Level erreicht. Der Straßenlärm ist eine reine Hup-Symphonie, die bereits nach fünf Minuten für Kopfschmerzen sorgen kann. Auch sonst sind die Bewohner Indiens nicht gerade ein Volk, das leise kommuniziert und lärmempfindlich ist. Bist du bezüglich Lärm sensibel oder überempfindlich, überlege gut, ob Indien das richtige Reiseland für dich ist. Auf jeden Fall würde ich dir raten, Ohropax oder Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung mitzubringen. 

Der Duft von Gewürzen – und mehr

Indien riecht anders! Du bist kaum einen Block weit gekommen, da zieht ein verführerischer Duft nach Curry, Kreuzkümmel und Koriander durch die Luft und zwei Meter später stößt dir der beißende Geruch von Pisse in die Nase. Ja, die Nase wird hier auf eine wilde Reise mitgenommen.

Räucherstäbchen, schweflige Luft, Jasmin- und Rosenduft, Fäkaliengestank, würziger Chai-Duft, Schweißgeruch, … Es erwartet dich ein Potpourri von Düften und Gerüchen. Nach ein paar Tagen gewöhnt man sich etwas daran. Am besten man versucht, sich auf die wohlriechenden und appetitlichen Düfte zu fokussieren ;-)!

Das Phänomen des Kopfwackelns

Du fragst einen Einheimischen nach dem Weg, und als Antwort kommt ein sanftes Kopfwackeln. Ist das jetzt ein „Ja“? Ein „Nein“? Oder ein „Vielleicht“? 

Willkommen in der Welt des indischen Kopfwackelns! Diese Geste ist oft alles auf einmal – ein echtes Kunstwerk, das sich je nach Kontext entfaltet. 

Eines kann ich dir jedoch auf den Weg geben: Wackelt der Kopf nur leicht hin- und her ist es mit Sicherheit kein Nein, sondern meistens ein “okay, ich bin einverstanden”. Nach ein paar Wochen wirst du diese Kunst immer besser verstehen und nach ein paar Monaten ist es so ansteckend, dass du selbst damit anfängt!

Zeit – ein anderes Konzept

Du hast ein Treffen vereinbart und bist, typisch europäisch, zehn Minuten zu früh. Überraschung! Inderinnen und Inder kommen oft eine halbe Stunde später – entspannt und mit einem breiten Lächeln. Zeit hat hier eine eher lockere Definition, was dich anfangs vielleicht etwas frustrieren könnte. Du tust gut daran, etwas zurückzulehnen, dich in Geduld zu üben und dich dem „chilligen“ Zeitfluss anzupassen, ansonsten machst du dich verrückt.

Jeder Europäer, der nach Indien kommt, lernt Geduld, wenn er keine hat, und er verliert sie, wenn er sie hat.

Dieser indische Spruch trifft den Nagel auf den Kopf. Manchmal beginnt die Geduldsprobe aber schon vor der Abreise, beispielsweise bei der Beantragung des Visums ;-)!

Rechne mit Verspätungen, mit unerwarteten Situationen, denn in Indien funktionieren viele Dinge nicht nach Plan und oft passieren Dinge, die man nicht vorhersehen kann. “Go with the flow” und versuche durchzuatmen. Irgendwann merkst du, dass „pünktlich“ hier weniger auf die Uhrzeit als auf den „richtigen Moment“ bezogen ist.

Der Filmstar-Faktor

Sei nicht überrascht, wenn du plötzlich zur Attraktion wirst. Viele weiße Touristen erleben in Indien die Aufmerksamkeit eines Filmstars. Mit großen Augen werden dir Menschen auf der Straße entgegenblicken – freundlich, interessiert und vielleicht ein bisschen neugierig, manchmal gleicht es aber auch einem unhöflichen Starren. Aus diesem Grund ist es auch wichtig, sich mit entsprechender Kleidung etwas anzupassen. Frauen sollten sich nicht zu sexy und zu körperbetont anziehen. Die Schultern und die Knie sollten bedeckt sein. 

Leider kommt dazu eine Selfie-Hysterie, die viele Touristen nach zwei Tagen äußerst nervig finden. Bei 1.4 Milliarden Menschen durchaus zu verstehen. Selfie-Anfragen höflich, aber bestimmt abzulehnen, ist oft die einzige Option. Wenn man anfängt, für Selfies zu posieren, nimmt es oft kein Ende.  

Nimm es mit Humor!

Indien ist nicht nur ein Land, sondern ein Erlebnis. Es fordert dich heraus, deine Komfortzone zu verlassen, und manchmal überrascht es dich auf die unerwartet schönste Weise. Am Ende wirst du feststellen, dass all diese kleinen Schocks und Überraschungen ein Teil des Abenteuers sind. Der Kulturschock verwandelt sich irgendwann in Liebe – zu einem Land, das seine Besucher fordert – oft auch überfordert, sie aber auch für ihre Offenheit reich belohnt.

Also schnall dich an und genieß die Reise in die Überflutung der Sinne – und vergiss nicht, ein bisschen Gelassenheit, Geduld und Humor im Gepäck zu haben!

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