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Mutter Ganga – der heilige Fluss

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Oh Mutter Ganga,

Du bist der Halsschmuck auf dem Kleid der Erde.

Du bist es, durch die man den Himmel erreicht.

Oh Bhagirathi, ich bitte dich, möge mein Körper vergehen, nachdem er an Deinen Ufern gelebt und Dein reines Wasser getrunken hat;

Nachdem ihn Deinen Wellen geschaukelt und er Deinen Namen gedacht hat.

aus der Ramayana

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Der Ganges ist mit über 2600 km der zweitlängste Fluss Indiens. Er entspringt im Himalaya im Bundesstaat Uttarakhand, durchfliesst die grosse Ebene Nordindiens und mündet schliesslich in Bangladesch in die Bengalische See.

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Je länger er durch Indien fliesst, desto schmutziger wird er. Abwässer und Schadstofffe werden unbedacht in Indiens Flüsse geleitet. Mutter Ganga, wie der heiligste Fluss Indiens genannt und verehrt wird, ist davon nicht ausgeschlossen. Trotz der extremen Verschmutzung ist die Bedeutung des heiligen Wassers ungebrochen. Scheinbar hat man in Untersuchungen festgestellt, dass der Ganges im Vergleich zu anderen Flüssen Indiens über eine dreimal höhere Selbstreinigungskraft verfügt. Vielleicht wird der Fluss durch die vielen Gebete tatsächlich etwas gereinigt, wer weiss …

Der Ganges ist ein Strom des Lebens und für die Agrarwirtschaft sehr wichtig.

Doch warum ist der Ganges der heiligste Fluss Indiens und warum wird er so verehrt?

Über den Ganges finden sich zahlreichen Mythen und Legenden. Die wohl bekannteste erzählt von der Herabkunft der Ganga (Gangadhara-Murti).

Die Söhne des Königs Sagara waren sehr boshaft und unehrenhaft. Rishi Kapila, ein Weiser und Erleuchteter setzte dem schliesslich ein Ende. Mit seinem Feuerblick verbrannte er die Prinzen zu Asche. Der König war untröstlich, dass er für seine Söhne nicht die nötigen Totenrituale durchführen konnte und so ihre Seelen unerlöst blieben. Rishi Kapila meinte, dass die Prinzen nur durch die Hilfe der als Milchstrasse fliessenden Ganga Erlösung finden würden.

Doch erst ganze drei Generationen später wurde jemand geboren, der dazu imstande sein sollte Ganga vom Himmel zu holen.

König Bhagiratha versank viele Jahre in Askese und Meditation bis er genug Kraft gesammelt hatte, um die Göttin Ganga zu rufen. Tatsächlich erschien ihm die Göttin und war bereit zu helfen. Sie warnte jedoch König Bhagiratha vor den alles zerstörenden Wassermassen. Nur Gott Shiva wäre in der Lage die riesigen Wassermassen sanft aufzufangen.

1000 Jahre versank Bhagiratha auf dem heiligen Berg Kailash im Gebet zu Lord Shiva bis dieser endlich seine Hilfe zusagte. Mit seinem Haaren fing er die Wassermassen auf und teilte sie in sieben Ströme. Indien besitzt seither sieben heilige Flüsse, wobei der Ganges der heiligste ist.

Der Ganges ist die personifizierte Muttergöttin Ganga, sie ist lebendige Wasserform.

Die Mutter Ganga ist die Göttin der Reinheit, der Fruchtbarkeit, der Erlösung und der Gesundheit.

Dem heiligen Wasser werden heilende, erlösende Kräfte zugesprochen. Gangeswasser dient in vielen religiösen Riten zur spirituellen Reinigung. Von Pilgerreisen an den Ganges bringen die Pilger für die Daheimgebliebenen immer Gangeswasser mit. Oft wird es auch in die Tempelteiche gegossen, damit alle daran teilhaben. Mindestens einmal im Leben sollte jeder Hindu in die heiligen Fluten tauchen. Überall wird im Ganges gebadet. Man bittet Ganga um Schutz und Befreiung. Zur Lobpreisung und zum Dank werden dem Ganges oft Lichter und Blumen übergeben.

Auch im Tod hat der Fluss eine zentrale Bedeutung. Varanasi ist wohl die bekannteste Stadt am Ganges. Hier wird der Leichnam vor dem Verbrennen ins heilige Wasser getaucht und die Asche danach Mutter Ganga übergeben und in den Fluss gestreut.

Viele alte, kranke und sterbende pilgern als letzte Reise dorthin. In Sterbenshospizen warten sie auf den Tod und die Erlösung. Man sagt, wer in Varanasi stirbt, sei befreit von Karma und Wiedergeburt.

Mein Schwiegervater erzählte mir, dass in früheren Zeiten viele die letzte Reise nach Varanasi angetreten hätten. Doch diese Pilgerreisen waren anstrengend, man war zu Fuss unterwegs und oft dauerte die Reise, wenn man Varanasi überhaupt erreichte, viele Jahre.  Hab, Gut und familiäre Beziehungen wurden loslassen, das eigene Ego aufgegeben. So kamen scheinbar viele bereits geläutert in Varanasi an. Heutzutage ist dies natürlich ganz anders und ich kann mir kaum vorstellen, dass es die Erlösung, das Nirvana einfach so durch eine Verbrennung in Varanasi gibt.

Mutter Ganga wird als attraktive junge Frau dargestellt. Ihr Reittier ist ein krokodilähnliches Wesen. Darstellungen von Ganga findet man oft zusammen mit der anderen Flussgöttin Yamuna bei Tempelportalen. Sie soll Glück verheissen, Segen spenden, von Sünden befreien und Unheil abwenden.

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