„Warum lebst du in Indien?“ – Diese Frage und viele andere werden mir oft gestellt. In diesem Blogartikel versuche ich die 20 Fragen, die mir oft gestellt werden, zu beantworten.
Springe direkt zu der Frage, die dich interessiert:
- 1. Warum hast du dich entschieden, nach Indien zu ziehen?
- 2. Wie lange lebst du schon in Indien?
- 3. Was war dein erster Eindruck von Indien?
- 4. Was ist dein Lieblingsessen in Indien?
- 5. Gibt es indische Gerichte, die du nicht magst?
- 6. Kannst du indisch kochen?
- 7. In Indien sind fast alle vegetarisch. Du auch?
- 8. Was ist dein Lieblingsfest in Indien?
- 9. Trägst du oft indische Kleidung?
- 10. Wie ist das Leben in Tamil Nadu im Vergleich zur Schweiz?
- 11. Wie sieht dein Alltag in Indien aus?
- 12. Wann ist die beste Reisezeit für Indien?
- 13. Sprichst du indisch?
- 14. Was war die größte Herausforderung für dich in Indien?
- 15. Welche Ratschläge würdest du Reisenden oder Auswanderern geben, die nach Indien kommen?
- 16. Wie reagieren die Einheimischen auf dich als Ausländerin?
- 17. Was ist das Interessanteste, das du über die indische Kultur gelernt hast?
- 18. Wie gehst du mit den kulturellen Unterschieden um?
- 19. Welche Tiere siehst du oft in deinem Umfeld?
- 20. Was sind deine Lieblingsorte innerhalb Indiens?
1. Warum hast du dich entschieden, nach Indien zu ziehen?
Das ist recht einfach zu beantworten. Mein indischer Mann war ausschlaggebend.
Wir haben anfangs in der Schweiz gelebt, wo auch unser Sohn geboren wurde. Aber mein Mann hatte immer mehr Heimweh und er fühlte sich auch für seine Eltern verantwortlich. Sein Vater führte für ihn sein Geschäft und war damit zunehmend überfordert. Der Wunsch, in seine Heimatstadt Chennai zurückzukehren, wurde immer stärker. Das war schwierig für mich und ich war auch nicht sonderlich begeistert von dieser Idee. Ich bin kein besonders abenteuerlicher Typ und ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, die Schweiz zu verlassen.
Nach langen Gesprächen habe ich mich entschieden, Indien eine Chance zu geben.
So begann mein Abenteuer Indien!
2. Wie lange lebst du schon in Indien?
Ich habe jetzt gerade nachgerechnet. Tatsächlich sind es Ende 2024 bereits 16 Jahre. Unglaublich wie die Zeit vergeht!
3. Was war dein erster Eindruck von Indien?
Ich war vor meiner Auswanderung bereits in Indien. So wusste ich ungefähr, was mich erwarten würde, aber mit einem Kleinkind und einem Hund hatte das Ganze nochmals ganz andere Dimensionen. Woran ich mich noch sehr gut erinnern kann, war diese Wand aus feucht-heißer Luft, die uns beim Verlassen des klimatisierten Flughafens entgegenkam. Das tropische Klima in Chennai mag ich immer noch nicht.
Mehr darüber kannst du hier nachlesen.
4. Was ist dein Lieblingsessen in Indien?
Das ist eine schwierige Frage. Die indische Küche hat so viel Leckeres zu bieten, dass man die Qual der Wahl hat. In all den Jahren, in denen ich in Chennai lebe, habe ich mich sehr an das scharfe Essen meiner Familie gewöhnt. Westliche Gerichte, die ich früher sehr gerne hatte, finde ich nun einfach zu fade und muss mit Chili Flakes nachhelfen.
Aus der südindischen Küche ist mein Favorit wohl Masala Dosai, das ist ein pikanter Pfannkuchen aus Reis und Linsen mit einer Kartoffelfüllung. Dazu werden Sambar, eine Gemüse-Linsen-Soße und verschiedene Chutneys serviert.
Ich bin aber auch ein großer Fan der nordindischen Küche. Vor allem Paneer-Gerichte finde ich äußerst yummy. Ich würde mich wahrscheinlich für Paneer Butter Masala mit Roti entscheiden.
Beide Rezepte (Masala Dosai und Paneer Butter Masala ) findest du übrigens auf meinem Blog.
5. Gibt es indische Gerichte, die du nicht magst?
Wie oben schon gesagt, liebe ich indisches Essen.
Womit ich mich jedoch in all diesen Jahren nie anfreunden konnte, ist Rasam. Das ist eine Pfeffer-Tamarind-Soße, die bei uns täglich auf den Tisch kommt. Ohne Rasam ist ein südindisches Mittagessen nicht komplett. Mein Mann und meine indische Familie essen es täglich und könnten nicht ohne sein. Ich hingegen rümpfe nur die Nase.
6. Kannst du indisch kochen?
Ja, ich habe gelernt, einige indische Gerichte zu kochen, besonders aus der Küche von Tamil Nadu. Die indische Küche ist unglaublich vielfältig, und jede Region hat ihre eigenen Spezialitäten und Zubereitungstechniken. Hier in Tamil Nadu sind Gerichte wie Dosai, Idly, Sambar, Rasam und verschiedene Chutneys sehr beliebt.
Ich liebe aber auch die nordindische Küche.
Ich finde es spannend, mit verschiedenen Gewürzen zu experimentieren. Das Kochen ist ein wunderbarer Weg, um mehr über die Kultur und die Menschen zu erfahren.
7. In Indien sind fast alle vegetarisch. Du auch?
In Indien sind tatsächlich viele Menschen Vegetarier, aber längst nicht alle. Die Vegetarier sind tatsächlich in der Unterzahl, denn nur 30-40 Prozent essen kein Fleisch. Es gibt einen Trend hin zu mehr Flexitariern, also Menschen, die hauptsächlich vegetarisch essen, aber gelegentlich auch Fleisch konsumieren.
Die Essgewohnheiten variieren stark je nach Region, Kultur und Religion. In Nord- und Westindien sind die Anteile der Vegetarier höher. Staaten wie Rajasthan, Gujarat und Haryana haben einen besonders hohen Prozentsatz, oft über 60 %.
In Südindien und den östlichen Regionen sind die Anteile niedriger. In Tamil Nadu und Kerala liegt der Anteil an Vegetariern bei etwa 20-30 %.
In Tamil Nadu, wo ich lebe, gibt es sowohl eine vegetarische Tradition als auch eine Vielzahl von Fleisch- und Fischgerichten, die vor allem in der Chettinad-Küche beliebt sind.
Ich selbst lebe tatsächlich schon seit meiner Jugend vegetarisch. Für mich ist dies jedoch nicht Ausdruck von Religiosität oder Spiritualität, sondern einfach von Tierliebe. Die Familie meines Mannes gehört einer Kaste an, die aus religiösen Gründen strikte Vegetarier sind. Sie essen auch keine Eier und Eierspeisen. Mein Mann hat sich nie daran gestört, dass ich ab und zu Eier oder Eierspeisen esse, aber vor meinen Schwiegereltern würde ich dies als Respekt definitiv nicht tun.
8. Was ist dein Lieblingsfest in Indien?
Das schönste Fest ist eindeutig das Erntedankfest Pongal. Ich liebe die aufwendigen Kolams und Rangoli, die die Frauen vor dem Eingang streuen und natürlich auch das leckere Essen, das wir an Pongal zubereiten.
Mehr über Pongal erfährst du hier.
9. Trägst du oft indische Kleidung?
Ich trage hier ausschließlich indische Kleidung. Tamil Nadu ist ein sehr traditioneller Bundesstaat. Hier tragen schätzungsweise 95 Prozent der Frauen Sarees oder Churidars. Der Churidar ist eine lange Kurta, die mit einer einfachen Baumwollhose und einem Schal (Dupatta) getragen wird.
Ich finde Sarees sehr schön, aber total unpraktisch, deshalb trage ich im Alltag immer Churidar. Das ist sehr bequem und meiner Meinung nach die beste Kleidung in diesem tropischen Klima. Einen Saree trage ich nur, wenn ich bei einer wichtigen Hochzeit eingeladen bin.
10. Wie ist das Leben in Tamil Nadu im Vergleich zur Schweiz?
Es ist schwierig, dies zu vergleichen. Ich sage immer, es ist wie auf zwei unterschiedlichen Planeten.
Das Leben hier ist tropisch, laut, chaotisch, tolerant, farbenfroh, preisgünstig und ich denke auch etwas stressfreier.
Für jemanden, der in der organisierten, strukturierten Schweiz aufgewachsen ist, ist es durchaus eine Herausforderung.
Beide Länder haben ihre Vor- und Nachteile. Aber inzwischen ist Indien technologisch so fortgeschritten, dass man alle Dienstleistungen per App-Klick organisieren kann und es funktioniert hervorragend. Das Leben hier ist in den letzten Jahren bedeutend einfacher geworden.
Was ich neben meiner Familie am meisten vermisse, ist die Ruhe und die Natur.
11. Wie sieht dein Alltag in Indien aus?
Für indische Verhältnisse bin ich eine Langschläferin. Ich stehe erst um 8 Uhr auf, da ich abends oft bis spät arbeite. Zuerst werde ich natürlich von unseren zwei Hundedamen herzlich begrüßt und muss die beiden erstmal kraulen und die Streicheleinheiten gerecht verteilen. Dann bereite ich für meinen Mann und mich einen South Indian Filter Coffee zu.
Ich erledige meine Hausarbeiten, überlege, was wir zu Mittag essen wollen und lege alle Zutaten für unsere Köchin parat, die so gegen 10 Uhr bei uns eintrifft. Seit ein paar Monaten haben wir eine Köchin und ich bin so glücklich über dieses Privileg. Da mein Stundenplan oft voll ist, war mir das Kochen wirklich zu viel, denn indisch Kochen braucht Zeit.
Zwischen 10 und 11 Uhr beginne ich mit meiner Arbeit. Meine Tage sind immer etwas unterschiedlich, je nachdem, welche Stunden meine Schülerinnen und Schüler gebucht haben. Ich unterrichte online Deutsch und das macht mir großen Spaß. Ich kann meine Arbeit selbst einteilen und bin so meine eigene Chefin.
Am späten Nachmittag gehe ich dann mit den Hunden für einen Spaziergang raus und gehe danach in meinen Dachgarten, um die Pflanzen zu gießen.
Je nach gebuchten Stunden unterrichte ich am Abend nochmals oder ich verbringe Zeit mit meinem Mann oder treffe meine Freundinnen. In meiner freien Zeit schreibe, lese oder bastle ich gerne. Dieses Jahr habe ich für mich und meine Freundinnen Traumfänger gestaltet.
12. Wann ist die beste Reisezeit für Indien?
Die beste Reisezeit für Indien hängt von der Region ab, die du besuchen möchtest, da das Klima in den verschiedenen Teilen des Landes stark variiert.
Für Südindien ist die beste Reisezeit von Dezember bis März
Die Temperaturen sind angenehmer, und es gibt wenig Niederschlag. Diese Zeit eignet sich hervorragend, um die Küstenregionen wie Kerala, Tamil Nadu und Goa zu besuchen.
Von März bis Juni kann es sehr heiß werden.
Südindien hat zwei unterschiedliche Monsunzeiten, die das Klima und den Alltag beeinflussen.
Der Südwestmonsun (Juni bis September)
Normalerweise beginnt der Südwestmonsun Anfang Juni an der Malabarküste von Kerala und breitet sich dann nach Norden und Osten aus.
Dieser Monsun bringt heftige Regenfälle, die für die Landwirtschaft entscheidend sind. Regionen wie Kerala, Karnataka, Andhra Pradesh und auch Teile von Tamil Nadu erhalten während dieser Zeit den Großteil ihres jährlichen Niederschlags. Die Temperaturen sinken zwar etwas aufgrund der Regenfälle, aber es bleibt dennoch warm und feucht. Das Reisen kann aufgrund des starken Regens und der Möglichkeit von Überschwemmungen schwierig sein. Oft kommt es auch zu Erdrutschen.
Der Nordostmonsun (Oktober bis Dezember)
Nach dem Ende des Südwestmonsuns bringt der Nordostmonsun besonders der östlichen Küste Südindiens, einschließlich Tamil Nadu, Puducherry und Teilen von Andhra Pradesh, zusätzlichen Regen.
Der Nordostmonsun setzt typischerweise im Oktober ein und dauert bis Dezember an.
Obwohl der Nordostmonsun nicht so stark ist wie der Südwestmonsun, bringt er an der Ostküste signifikante Regenfälle.
In diesen Monaten kann es in den betroffenen Regionen zu heftigen Regenfällen und auch zu Überschwemmungen kommen.
Für eine problemlose Reiseplanung ist es ratsam, den Monsun im Auge zu behalten und sich vor Ort über die aktuellen Wetterbedingungen zu informieren.
Für Nordindien und das Himalaya-Gebiet ist die beste Reisezeit von Oktober bis März.
In diesen Monaten herrschen milde Temperaturen und wenig Niederschlag. Es ist die ideale Zeit, um Städte wie Delhi, Jaipur, Agra (Taj Mahal) und das Himalaya-Gebiet zu besuchen. Der Sommer (April bis Juni) kann sehr heiß werden, und während der Monsunzeit (Juli bis September) gibt es viel Regen.
Für Westindien (Mumbai, Rajasthan, Gujarat) ist die beste Reisezeit von Oktober bis März.
In dieser Zeit sind die Temperaturen angenehm und es ist trocken. Die Wüste von Rajasthan lässt sich so gut erkunden, und auch Städte wie Mumbai sind zu dieser Zeit angenehmer. Im Sommer ist es hier sehr heiß, und während der Monsunzeit gibt es viel Regen, besonders in Mumbai.
Für Ostindien (Kolkata, Odisha, Nordoststaaten) ist die beste Reisezeit von Oktober bis März.
Angenehme Temperaturen und weniger Niederschlag machen diese Jahreszeit ideal für Besichtigungen und Naturerkundungen. In den Sommermonaten wird es sehr heiß und schwül, und während des Monsuns (Juni bis September) kann es zu starken Regenfällen kommen.
Fazit:
Für die meisten Regionen Indiens sind die Wintermonate (Oktober bis März) am besten geeignet. Planst du allerdings eine Reise in die Berge oder ins Himalaya-Gebiet, sind die Monate April bis Juni ebenfalls gut geeignet.
13. Sprichst du indisch?
Diese Frage bringt mich immer etwas zum Schmunzeln, denn Indisch als Sprache gibt es nicht. In Indien gibt es viele verschiedene Sprachen, und hier im Bundesstaat Tamil Nadu spricht man Tamilisch. Leider ist mein Tamilisch nicht sehr gut, aber ich kann mich einigermaßen verständlich machen.
Man kommt in Tamil Nadu in der Regel sehr gut mit Englisch zurecht. Wenn man versucht Tamilisch zu sprechen, freuen sich die Leute sehr.
Manchmal fragen mich die Leute auch, ob ich Hindu spreche. Achtung! Hindus sind die Leute, die der Religion des Hinduismus angehören. Hindi ist die meistgesprochene Sprache in Nordindien. Ich habe mal angefangen, etwas Hindi zu lernen, kann aber nur einige wenige Wörter.
Indien ist eines der sprachlich vielfältigsten Länder der Welt. Laut dem Volkszählungsbericht von 2011 werden in Indien 121 Sprachen als „Muttersprachen“ von mindestens 10.000 Menschen gesprochen, daneben gibt es noch viele Dialekte und Sprachen, die nur von Minderheiten gesprochen werden.
Wie bereits erwähnt ist Hindi die Sprache, die am häufigsten gesprochen wird. Viele Menschen sprechen es als Muttersprache oder haben es als Zweitsprache gelernt.
Die indische Verfassung erkennt 22 Sprachen als offizielle Sprachen an.
Diese sind: Assamese, Bengali, Bodo, Dogri, Gujarati, Hindi, Kannada, Kashmiri, Konkani, Maithili, Malayalam, Manipuri, Marathi, Nepali, Odia, Punjabi, Sanskrit, Santali, Sindhi, Tamil, Telugu, Urdu.
Hindi und Englisch sind die zwei Amtssprachen der Zentralregierung. Hindi wird in der Devanagari-Schrift verwendet, und Englisch dient oft als Brücke zwischen verschiedenen Sprachgruppen, besonders in administrativen und offiziellen Angelegenheiten.
14. Was war die größte Herausforderung für dich in Indien?
Ich glaube, die größte Herausforderung war, dass ich vor allem zu Beginn meiner Auswanderung viel von meiner Selbstständigkeit verloren habe. Ich fahre zum Beispiel hier in Indien kein Auto, weil ich das in diesem Verkehrschaos einfach nicht schaffe.
So war ich immer abhängig von meinem Mann oder einem Fahrer. Heutzutage ist dies kein Problem mehr, da es durch die neuen Technologien sehr einfach ist. Es gibt Apps für alles und es funktioniert wirklich sehr gut. Wenn es diese Möglichkeiten 2006 gegeben hätte, wäre es viel einfacher gewesen.
15. Welche Ratschläge würdest du Reisenden oder Auswanderern geben, die nach Indien kommen?
Seid offen und flexibel. Die Kultur und das Leben in Indien sind sehr unterschiedlich zu dem, was wir aus der westlichen Welt kennen. Oft funktioniert hier nicht alles nach Plan. Es ist wichtig, Geduld zu haben und sich auf Neues einzulassen. “Go with flow” ist ein gutes Motto.
Beim Reisen ist weniger oft mehr. Meistens unterschätzt man die riesigen Distanzen und die vielen Eindrücke, die die Reize oft überfluten, machen einen schnell müde. Plant genügend Zeit ein, um auch mal etwas zu Verweilen und nicht von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu hetzen.
Wichtig ist es aber auch, dass man sich im Vorfeld gut über das Land und die Kultur informiert, sodass man sich respektvoll verhalten kann. Indien ist sehr vielfältig und hat verschiedene Traditionen und Kulturen. Vieles, das man sieht, erklärt sich vielleicht nicht auf den ersten oder zweiten Blick. Von einer Beobachtung kann man oft auch nicht aufs ganze Land schließen und etwas verallgemeinern.
16. Wie reagieren die Einheimischen auf dich als Ausländerin?
Als weiße Frau bekomme ich hier viel Respekt und Achtung. Je älter ich werde, desto deutlicher zeigt sich dies. In Restaurants oder Geschäften werde ich zuvorkommend, manchmal meinem Empfinden nach schon zu überfreundlich bedient. Ich komme mir vor wie die weiße Maharani aus Helvetien, die mindestens ein paar Milliönchen Schweizerfranken auf einem schweizerischen Bankkonto bunkert. Man steht auch immer im Fokus und unter Beobachtung, was mich manchmal wirklich nerven kann.
Dieses Verhalten der Einheimischen wird von Touristinnen und Touristen oft als sehr angenehm und gastfreundlich empfunden, denn weiße Haut reicht irgendwie aus und man ist ein kleiner Star und wird bevorzugt behandelt.
Ja, die Inderinnen und Inder sind sehr freundlich, hilfsbereit und gastfreundlich – einige jedoch nur zu auserwählter Kundschaft. Natürlich hofft man auch auf ein saftiges Trinkgeld, was ich durchaus verstehen kann.
Was als Touristin durchaus angenehm sein kann, nervt manchmal, wenn man schon viele Jahre hier lebt. Auf der anderen Seite bin ich natürlich froh darüber, dass man in Indien trotz der 200 Jahre langen Unterjochung durch die Briten, weiße Haut immer noch als etwas Positives ansieht.
17. Was ist das Interessanteste, das du über die indische Kultur gelernt hast?
Oh, das ist echt schwierig zu sagen. Es sind so viele Dinge. Indien kann mich immer wieder von Neuem überraschen, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Es gibt hier irgendwie nichts, was es nicht gibt und man hat nie ausgelernt.
Was ich immer wieder interessant finde, ist die Verbundenheit mit der Religion. Religion ist hier mit dem Alltag verwoben, sie ist omnipräsent. Egal ob zu Hause, in einem Geschäft, im Auto, auf dem Motorrad – die indische Götterwelt ist immer dabei.
18. Wie gehst du mit den kulturellen Unterschieden um?
Ich versuche, Unterschieden mit Geduld und einem offenen Geist zu begegnen. Es hilft, neugierig zu sein und nicht alles sofort zu bewerten. Aber wenn man hier lebt, wird einem auch der Spiegel vorgehalten und man wird notgedrungen mit seinen eigenen Wertvorstellungen konfrontiert, denen man vorher nicht wirklich bewusst war.
So habe ich an mir auch viele „spießige“, typisch schweizerische Züge entdeckt. Ja, ich bin pünktlich, ich bin zuverlässig, ich bin organisiert. Manchmal ist man tatsächlich überrascht, was man in diesem Spiegel sieht, wenn man sich traut, reinzuschauen.
Ich glaube, es ist wichtig, dass man eine Balance finden kann. Ich finde viele Bräuche und Traditionen tatsächlich unsinnig und kann diese aus meinem Wertesystem nicht unterstützen. Aber das ist auch okay, man muss ja nicht alles gut und toll finden.
19. Welche Tiere siehst du oft in deinem Umfeld?
Da gibt es einige. Natürlich sehe ich sehr viele Straßenhunde, wenn ich mit meinen Hundemädels spazieren gehe. Ich und mein Mann lieben Hunde und am liebsten würde ich noch mehr adoptieren und ihnen ein gutes Zuhause geben. Aber hier in unserem Quartier geht es ihnen eigentlich gut. Viele stellen Essensreste raus oder füttern die Hunde. Ab und zu sieht man auch herumstreunende Katzen.
Im Haus, vor allem in der Küche, leben auch Geckos. Tagsüber sind sie eher scheu und man sieht sie selten, aber in der Nacht werden sie aktiv. Ich bin immer glücklich, wenn ich einen entdecke, denn sie fressen Kakerlaken und Moskitos, die sich leider auch immer wieder im Haus einfinden.
Auf der Terrasse habe ich verschiedene Echsen. Zu meiner Freude hat sich eine recht große Agame meinen Garten als zu Hause gesucht.
Es gibt viele verschiedene Vögel, über die ich mich immer freue, und dann sind da noch meine besonderen Lieblinge, die Palmenhörnchen. Seit ich zwei von Hand aufgezogen habe, sind diese mir besonders ans Herz gewachsen.
Manchmal streifen auch Affen durchs Quartier, aber in letzter Zeit sehe ich sie sehr selten. Diese Makaken sind rotzfrech und ich habe großen Respekt und auch etwas Angst vor ihnen.
20. Was sind deine Lieblingsorte innerhalb Indiens?
Oh, das ist schwierig zu beantworten. Es gab viele schöne Orte, die wir besucht haben. Aber ich habe natürlich längst nicht alles gesehen.
Ich glaube, wenn ich mich entscheiden müsste, wären es Nationalpärke und Hillstations. Ich liebe es Tiere und Vögel in freier Wildbahn zu beobachten und bin einfach gerne in der Natur.
Sehr tolle Tiersichtungen hatten wir in Bandipur und auf der Rückfahrt nach Masinagudi sahen wir am Strassenrand einen Tiger. Das werde ich nie vergessen. Aber ich bin auch zufrieden, wenn ich mit einem Feldstecher in Vedanthangal, einem Vogelnaturschutzgebiet bei uns in der Nähe, Vögel beobachten kann. Viele finden das langweilig, ich könnte damit Tage verbringen.
Der Goldene Tempel in Amritsar hat mich auch beeindruckt und natürlich unzählige wunderschöne Tempel in Tamil Nadu. Beispielsweise in Thanjavur, Tiruvannamalai, Madurai, Rameshwaram, …
Indien hat so viel zu bieten, dass ein Leben definitiv nicht ausreicht, um dieses Land zu entdecken.
Das waren meine Antworten auf die 20 Fragen, die mir oft zu meinem Leben in Indien gestellt werden. Falls du noch weitere Fragen hast oder zu einem der Themen mehr wissen möchtest, schreib mir gern in den Kommentaren!
2 Antworten
Toller kompakter Bericht, da kriege ich doch glatt Lust mal wieder nach Indien zu reisen. Von Tamil Nadu habe ich bislang die Ecke rund um Oothi im Norden und Kanyakumari im Süden gesehen, aber an der Ostküste war ich noch nicht
Vielen Dank 🙏- dann vielleicht die nächste Reise an die Ostküste! Wäre toll dich in Chennai zu treffen. Liebe Grüße Irène