Sprachlos und schockiert sehe ich heute die Nachrichten. In den Videos sind Männer zu sehen, die christliche Symbole, Weihnachtssterne, Krippenfiguren, aber auch Weihnachtsmänner mit Stöcken zertrümmern. Ich bin wirklich geschockt, aber auch traurig. Wie kann das sein? Warum werden die Menschen in Indien immer intoleranter, wenn es um andere Religionen geht? Die indischen Medien sprechen von über 700 Vorfällen gegenüber christlichen Einrichtungen und Symbolen.
Wenn ich jedoch an die Aktion in Neuseeland denke, bei der die Sikhgemeinschaft während einer friedlichen Prozession durch eine Gruppe, die sich True Patriots of New Zealand nennt, gestört wurde, muss ich sagen, dass dies wohl ein weltweites Problem ist. Die Protestierenden führten eine Haka auf, einen traditionellen Tanz der Māori, der normalerweise Stärke und Einheit ausdrückt. In diesem Fall wurde er jedoch als provokative Aktion eingesetzt, um den Weg der Sikh Prozession zu blockieren und sie zum Anhalten zu bringen. Die Polizei musste einschreiten, um eine physische Konfrontation zu verhindern.
Intoleranz und Diskriminierung gegenüber anders denkenden Menschen nehmen definitiv zu.
Weihnachten sollte ein Fest der Freude, des Friedens und der Gemeinschaft sein. Stattdessen kam es in einigen Teilen Indiens zu beunruhigenden Szenen der Gewalt und gezielter Zerstörung.
In mehreren Bundesstaaten wurden Krippen, Weihnachtsbäume, Dekorationen und andere christliche Symbole mutwillig beschädigt und christliche Feiern gestört.
Bereits am Heiligabend drangen Aktivisten der rechtsextremen Gruppen Vishwa Hindu Parishad und Bajrang Dal in die St. Marys Schule in Nalbari im Nordosten Indiens ein. Dort zerrissen und verbrannten sie Weihnachtsdekorationen, Lichter und Banner mit Krippenszenen und bedrohten die Schulleitungen mit Gewalt.
Auch nahegelegene Geschäfte, die Weihnachtsartikel verkauften, wurden attackiert und ihre Ware beschädigt oder angezündet. Die Polizei nahm mehrere Personen fest und leitete Strafanzeigen ein. Die Bilder der Gewalt gingen viral und lösten landesweit Bestürzung aus.
Auch in der Stadt Raipur im Bundesstaat Chhattisgarh kam es zu Ausschreitungen. Eine Gruppe von rund vierzig Personen stürmte ein großes Einkaufszentrum und zerstörte dort Weihnachtsbäume, Weihnachtsmannfiguren und festliche Dekorationen. Zeugenaussagen berichten, dass die Angreifer Stöcke trugen und Beschäftigte zwangen, ihre Religion anzugeben. Dadurch verbreiteten sie Panik unter Kundinnen und Kunden. Die Polizei registrierte zahlreiche Vorfälle.
In Rajasthan wurden ebenfalls Weihnachtsfeiern gestört. In einer Schule in Nagaur stürmten Aktivisten den Schulhof, warfen Stühle um und rissen Luftballons und andere Dekorationen nieder, nachdem sie behauptet hatten, dort würden angeblich illegale Bekehrungen stattfinden. Drei Männer wurden in Gewahrsam genommen.
Solche Zwischenfälle rücken die Frage nach religiöser Freiheit und gesellschaftlicher Toleranz in Indien erneut stark ins Zentrum der öffentlichen Diskussion.
Politikerinnen und Politiker der Opposition verurteilten die Gewalt als inakzeptabel und als Angriff auf die säkularen Werte der Verfassung. Sie kritisierten die Regierung, weil sie ihrer Ansicht nach nicht genügend dafür sorge, dass alle Menschen ihre Feste sicher und frei feiern können.
Prominente Stimmen betonten, dass gerade in einem vielfältigen Land Respekt und Rücksichtnahme Grundpfeiler des Zusammenlebens sein sollten.
Nicht überall war Weihnachten jedoch von Gewalt überschattet. Vielerorts feierten die Menschen weiterhin fröhlich mit Lichterketten, Kirchenbesuchen und festlichen Zusammenkünften. Dort waren Krippen, Weihnachtsbäume und Lichter Teil einer lebendigen öffentlichen Feier, die Familien und Besucher anzog.
Die Ereignisse rund um Weihnachten zeigen eine gespaltene Realität. Für viele bleibt das Fest des Friedens, der Hoffnung und des Miteinanders eine Zeit der Freude und der Besinnung.
Auch viele Hindus feiern gerne Weihnachten und nehmen diesen Brauch in ihren Festtagskalender auf. So kenne ich beispielsweise einige hinduistische Familien, die einen Weihnachtsbaum dekorieren und an Weihnachten kleine Geschenke austauschen.
Leider ist Weihnachten aber auch ein Moment, in dem gesellschaftliche Spannungen sichtbar werden und Gewalt und Intoleranz deutliche Narben hinterlassen. Die Frage, wie eine Gesellschaft die Vielfalt ihrer Traditionen schützen und gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt stärken kann, ist in Indien so aktuell wie nie zuvor.