Heute wird bei uns kein Mittagessen gekocht! Es ist Thaipusam, und wie jedes Jahr spenden meine Schwiegereltern 200 Essen an den Tempel in unserem Quartier. Es gibt Curd-Reis und Sambar-Reis, die extra dafür von einem Catering-Service gekocht werden und wir bekommen auch immer zwei Töpfe ab. 

Was ist Thaipusam?

Thaipusam ist ein wichtiger hinduistischer Feiertag für die Tamilen in Südindien, aber auch in den tamilischen Diasporas in Malaysia und Singapur. 

Thai ist der 10. Monat im tamilischen Kalender und Pusam bezieht sich auf einen Stern, der seine höchste Position erreicht hat. 

Hier in Tamil Nadu ist es ein offizieller Feiertag und die Schulen sind geschlossen. An Thaipusam wird Lord Murugan, der jüngste Sohn von Shiva und Parvati, lobpreist und geehrt. Andere Namen für Murugan sind auch Subramaniam oder Skanda. Er ist der Gott des Krieges und des Sieges. Meistens wird er als Kind oder als schöner Jüngling dargestellt. Murugan hat zwei Gefährtinnen an seiner Seite, Deivanai und Valli. Sein Attribut, das er immer bei sich hat, ist der Vel, ein göttlicher Speer. Sein Reittier ist ein Pfau.

Zwischen den dämonischen Asuras und den göttlichen Devas herrschte ständig Krieg und die Devas waren nicht im Stande, die Asuras erfolgreich zu bekämpfen. Verzweifelt baten sie Lord Shiva um Hilfe. Dieser sandte als Anführer und Kriegsherr seinen eigenen Sohn Murugan. Er übernahm die Kontrolle über die himmlischen Kräfte und besiegte die Asuras. Damit Murugan den gefährlichen Dämon Soorapadam töten konnte, übergab ihm seine Mutter Parvati einen göttlichen Speer, einen Vel.

Die wichtigsten Murugan-Tempel, die Aarupadai Veedu

In Tamil Nadu gibt es 6 wichtige Murugan-Tempel, die Aarupadai Veedu. Viele gläubige Tamilen pilgern an Thaipusam oft stunden- oder sogar tagelang zu diesen berühmten Tempeln. 

• Der Subramanya Swamy Tempel in Thiruparankunram liegt am Stadtrand von Madurai auf einem Hügel, wo Lord Murugan Indras Tochter Deivanai heiratete.

• In Thiruchendur steht ein weiterer Murugan Tempel. Hier ist Lord Murugan gegen den Dämon Soorapadaman in die Schlacht gezogen, um ihn zu vernichten. 

• In Pazhani (Palani) am Fusse des Palani-Berges steht ein weiterer Tempel der Aarupadai Veedu. Hier hat Murguan nach einem Streit mit seiner Familie Ruhe gesucht und meditiert. Die Geschichte, warum sich Murugan in Pazhani erholen musste, findest du hier.

• Der Tempel In Swamimalai erinnert an den Vorfall, bei dem Murugan seinem Vater Lord Shiva die Essenz des Pranava-Mantras „Om“ erklärte. 

• In Thiruthani, 75 km von Chennai entfernt, fand Murugan seinen inneren Frieden wieder, nachdem er einen Krieg mit dem Dämon Soorapadman geführt hatte. Der Bergtempel hat 365 Stufen, die die Tage eines Jahres darstellen. Lord Murugan traf seine zweite Frau Valli in der Nähe dieses Ortes und heiratete sie an diesem Ort. Wenn du mehr über den Tempel in Thiruthani erfahren möchtest lies hier.

• In Pazhamudircholai, 20 km von Madurai entfernt und auf dem Solaimalai-Hügel gelegen. Dies ist auch der historische Ort, an dem Lord Murugan mit der großen tamilischen Dichterin Avvaiyar spielte und sie fragte, welche Frucht sie sich wünsche.

• In Malaysia werden die Batu Caves mit der gigantischen goldenen Murugan-Statue besucht. 

Pilgern und Buße tun

An Thaipusam pilgern viele Gläubige zu den Murugan-Tempeln und tragen schwere Kavadi, eine Bürde. 

Die Lasten, die sie tragen, sind oft sehr schwere Töpfe mit Opfergaben oder geschmückte Holzkonstruktionen. Die Bürden werden kilometerlang auf den Schultern getragen. Die Pilger bitten Lord Murugan um Hilfe, um Heilung oder um die Vergebung der Sünden. 

Um in den Tempeln Darshan (den Gott im Tempel sehen) zu bekommen, nehmen die Gläubigen stundenlanges Anstehen in Kauf. Der Andrang ist so groß, dass die Leute enorme Anstrengungen unternehmen, um Murugan zu sehen. Heute Morgen gab es ein Kurzinterview mit einer Frau aus Kuala Lumpur, die die Batu Caves besuchen wollte. Sie stellte sich morgens um 2 Uhr in die Reihe und musste trotzdem noch 5 Stunden warten. 

Viele Gläubige piercen sich und stecken einen Vel, einen kleinen Speer, durch die Zunge, damit sie nicht sprechen und sich ganz auf ihre spirituelle Reise konzentrieren können. Das Piercen hat bei manchen Pilgern kaum Grenzen. Haken im Rücken, Speere in der Nase und im Gesicht. Scheinbar spüren sie keine Schmerzen, da sie wie in Trance sind.

Hier ein Video von heute um einen Eindruck von den unglaublichen Menschenmengen zu bekommen

Thaipusam in meinem Quartier

Auch in unserer Nachbarschaft ist heute einiges los. Schon am frühen Morgen höre ich Trommelklänge aus dem nahegelegenen Tempel. Später am Abend wird Lord Murugan auf seinem schön dekorierten Pfauenwagen durch die Straßen fahren und die Menschen segnen. 

Auch wenn ich selbst nicht religiös bin, beeindruckt mich die Hingabe der Gläubigen, die zu den Aarupadai Veedu pilgern, jedes Jahr aufs Neue. Trotzdem finde ich diese Piercings und diese Selbstquälerei auch ein bisschen verrückt und beängstigend.

Happy Thaipusam!