Nach vielen Jahren zog es uns im August endlich wieder in die Nilgiri-Berge, genauer gesagt nach Ooty, oder wie der Ort auf Tamilisch heißt, Udagamandalam. Der Name geht zurück auf das Toda-Wort „othakal-mund“, was so viel bedeutet wie „Haus in den Bergen“.
Hier teile ich gerne unseren Ooty Reisebericht mit euch: Bereits die Anfahrt mit dem Auto ist spektakulär. Die kurvenreiche Strecke führt durchs Grüne immer höher in die Berge, und überall begegnet man Affenbanden. Wir hatten einmal mehr Glück und sahen einen indischen Gaur direkt an der Straße.


Schon bei der Ankunft merkt man die Höhe von 2250 Metern. Im Vergleich zum heißen Chennai war es hier überraschend kühl und wir waren froh, dass wir warme Kleider eingepackt hatten.
Ooty wird oft die „Königin der Hill Stations“ genannt, und das nicht ohne Grund. Die Stadt ist umgeben von sattgrünen Teeplantagen, Eukalyptusbäumen und kleinen Dörfern, in denen die Zeit langsamer zu vergehen scheint. Die Mischung aus kolonialem Erbe, traditionellen Märkten und atemberaubenden Landschaften macht Ooty so einzigartig.
Während der britischen Kolonialzeit war Ooty vor allem im Sommer eine beliebte Feriendestination. Die Kolonialverwaltung von Madras zog sich damals in die kühlen Hügel zurück, während unten im Flachland die Hitze brütete. John Sullivan, ein ehemaliger Sekretär der East India Company, erkannte früh das landwirtschaftliche Potenzial dieser Gegend: regenreiches, kühles Klima und grüne, fruchtbare Hügel.
Er kaufte Land, baute Gemüse, Obst – und vor allem Tee an. Innerhalb von 20 Jahren machte er damit ein Vermögen. Gemeinsam mit anderen Briten ließ er Kirchen, Steinhäuser und sogar einen künstlichen See anlegen – bis Ooty zum beliebtesten Kurort im Süden Indiens wurde.
Heute lebt Ooty in erster Linie vom indischen Tourismus. Auch in der Nebensaison gab es viele indische Touristen, wie das in der Hauptsaison von April bis Juni aussieht, mag ich mir gar nicht vorstellen. Doch Ooty hat einige Maßnahmen gegen den Massentourismus getroffen.
So muss man, wenn man mit dem Privatauto fährt, eine Bewilligung einholen. Das war im August kein Problem, aber während der Hauptsaison können die Behörden so den Verkehr eindämmen, indem nur eine begrenzte Anzahl an Fahrzeugen zugelassen wird. Ich bin sehr begeistert davon, dass Ooty komplett plastikfrei ist. In Mettupalayam am Fuße der Nilgiri-Berge kontrolliert die Polizei strikt und sucht nach Plastik und Plastikflaschen.

Diese dürfen nicht nach Ooty gebracht werden. In Ooty selbst gibt es hohe Strafen für Littering und tatsächlich: es wirkt! Ooty ist sauber. In Ooty kann man kein Wasser in 1-Liter-Plastikflaschen kaufen und selbst in Restaurants werden keine 1-Liter-Plastikflaschen ausgegeben. Kaufbar sind nur 5-Liter-Flaschen, die man selbst abfüllen muss. Es empfiehlt sich also, eine eigene Trinkflasche mitzunehmen. Doch das Plastikverbot ist noch viel weitreichender: es gibt keine Plastikbecher, keine Wattestäbchen mit Plastik, keine Indienflaggen aus Kunststoff, kein Eis mit einem Plastikstiel, …
Teeplantagen prägen die Hügel rund um Ooty. Dazwischen finden sich Spuren der Kolonialgeschichte: die St Stephen’s Church aus dem Jahr 1830, der berühmte Botanische Garten (gegründet 1847) und natürlich die Nilgiri Mountain Railway, die seit 1899 von den Bergen ins Flachland führt und heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Da wir schon mehrmals in Ooty waren, gibt es bereits einen Artikel, in dem ich den Botanischen Garten, die Nilgiri Mountain Railway und weitere Sehenswürdigkeiten beschreibe. Den Artikel findest du hier.
Doch Ooty hat auch eine dunklere Seite der Geschichte. Ursprünglich war das Gebiet Heimat der Toda, eines Bergvolkes von Hirten. Sie lebten lange in fast völliger Isolation, bis Missionare kamen und die Teepflanzer sie nach und nach von ihrem Land verdrängten. Heute existieren nur noch wenige traditionelle Toda-Hütten in der Umgebung der Stadt.
Für uns war es eine Reise voller Erinnerungen und neuer Eindrücke zugleich. Ooty hat diese besondere Fähigkeit, einen zu entschleunigen. Zwischen Nebelschwaden, Teeplantagen und Bergen fühlt man sich weit weg vom Alltag und doch ganz angekommen.

Von einer Kollegin, deren Familie aus Ooty stammt, bekam Suriyan eine Liste mit Tipps zu Sehenswürdigkeiten und Restaurants. Natürlich möchte ich euch diese Tipps nicht vorenthalten.
Doddabetta Peak – der höchste Gipfel im Nilgiris
Nur wenige Kilometer von Ooty entfernt erhebt sich der Doddabetta, mit 2637 Metern der höchste Berg des Nilgiris und einer der höchsten Gipfel Südindiens. Sein Name stammt aus der südindischen Sprache Kannada (wird im Bundesstaat Karnataka gesprochen) und bedeutet ganz einfach „großer Hügel“.
Rund um den Gipfel liegt ein geschütztes Waldgebiet. Oben angekommen, war ich allerdings ein wenig enttäuscht. Der Ort ist sehr kommerziell: Erst geht man durch lange Marktstände, wo allerhand Souvenirs und Essen angeboten werden. Um dann auf den Aussichtsturm zu gelangen, muss man zusätzlich zu den Parkgebühren auch noch Eintritt bezahlen. Sogar im August hatte es so viele Leute, dass ich das nicht wirklich genießen konnte.

Ja, die Aussicht ist schön, und man steht tatsächlich am höchsten Punkt der Nilgiri Berge. Aber im Vergleich zu den stillen Teehügeln oder den Wäldern rund um Ooty konnte mich der Doddabetta nicht wirklich begeistern. Für mich persönlich war es eher ein „man war mal dort“ als ein echtes Highlight.

Ooty Reisebericht: Empfehlenswerte Restaurants in Ooty und Umgebung
Hier ein paar kulinarische Tipps aus unseren Tagen in Ooty. Besonders empfehlen möchte ich euch folgende Restaurants:
Sidewalk Café – Pizza aus dem Holzofen
Wenn ihr mal wieder Lust auf europäisches Essen habt, dann kann ich euch Nahar’s Sidewalk Café wärmstens empfehlen. Der Manager bedient seine Gäste mit viel Herzblut und Liebe. Vor allem die frischen Holzofen-Pizzen haben uns geschmeckt.

Es gibt jedoch auch Pasta, Sandwiches und allerhand andere europäische Snacks. Auch die hauseigene Schokolade fanden wir sehr lecker.
Das Nahar Hotel – dazu müsst ihr nach dem Sidewalk Café links abbiegen – hat jedoch auch ein südindisches und ein nordindisches Restaurant. Im südindischen Garden Restaurant haben wir einmal gefrühstückt. Es war okay, aber hat uns jetzt nicht voll überzeugt.
King’s Cliff – Kolonialer Charme am Kamin
Das King’s Cliff ist ein historisches Herrenhaus aus der britischen Kolonialzeit, das heute als Boutique-Hotel und Restaurant betrieben wird. Schon beim Ankommen spürt man die Atmosphäre vergangener Zeiten.
Wir waren zum Abendessen dort und die koloniale Ambiance im Salon mit Kaminfeuer war kaum zu übertreffen. Das Essen hat uns allen hervorragend geschmeckt. Es gibt sowohl europäische als auch indische Gerichte. Mit beidem waren wir vollstens zufrieden. Das Preisniveau ist für indische Verhältnisse eher hoch, aber seinen Preis wert.


Mind Escapes – Essen mit Aussicht
Etwas außerhalb Ooty liegt das Hotel Mind Escapes mit einem ausgezeichneten Restaurant. Das Restaurant ist hervorragend gelegen und die Aussicht auf Nilgiri Berge und die Teeplantagen sind einfach unglaublich. Doch nicht nur die Aussicht lässt den Geist zur Ruhe kommen, auch das Essen hat uns begeistert. Preislich etwas gehobener, aber mit der Ambiance, dem professionellen Service und der Aussicht ist es durchaus lohnend.


Culinarium – Konditorei & Restaurant in Coonoor
Zwischen Ooty und Coonoor liegt das Culinarium, ein modernes Restaurant, das gleichzeitig auch als Konditorei feine Backwaren anbietet. Die Speisekarte reicht von herzhaften Klassikern wie Pot Pies, Bangers & Mash und ungarischem Gulasch bis hin zu Fischgerichten in Weißweinsauce.
Wir haben im Culinarium zu Abend gegessen. Das Essen hat uns gut geschmeckt. Und der Apple Pie, den wir als Nachspeise hatten, war einfach nur lecker.
Die Atmosphäre hat mir persönlich weniger zugesagt, es ist wirklich ein Mix zwischen Restaurant und Konditorei. Auch ein kleiner Laden mit Handwerksarbeiten überlädt den Raum. Zum Abendessen fand ich dies eher unstimmig. Aber ich denke, zum Frühstück oder zum Nachmittagstee mit Kuchen ist es perfekt. Auch das Culinarium ist für indische Verhältnisse auf einem höheren Preisniveau, aber auch hier finde ich den Preis gerechtfertigt.
Was mir besonders gefallen hat, ist, dass Ooty trotz aller Besucherströme versucht, nachhaltig und sauber zu bleiben. Wer die Nilgiri-Berge besucht, sollte sich unbedingt Zeit nehmen, durch die Hügel zu streifen, in kleinen Dörfern Halt zu machen und die Ruhe der Natur zu genießen. Für uns bleibt Ooty ein Ort, der Geschichte, Natur und Entschleunigung auf einzigartige Weise verbindet. Auch einen Ausflug in die Nationalparks Mudumalai und Bandipur kann ich euch sehr empfehlen – davon erzähle ich im nächsten Artikel.
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2 Antworten
liebe Irene, vielen dank für deinen anregenden und wunderschönen reisebericht –
waren wir doch vor nunmehr 30 jahren – ach du meine güte, wie die zeit vergeht – auch in Tamil Nadu unterwegs, jedoch kaum zu vergleichen mit heute, denke ich mal
wir fuhren mit der eisenbahn von – früher Bombay – bis an die südlichste spitze um dort mit schiff nach Sri Lanka überzusetzen
das foto von King’sCliff hat mich an eine unserer reisen um die weihnachtszeit in Sri Lanka erinnert – als wir in den bergen und teeplantagen rund um Nuwara Eliya unterwegs waren und am 24. dezember in einem ebenso historischen herrenhaus aus der britishen kolonialzeit übernachteten.
es gibt ein foto in dem unser sohn am kamin gelehnt steht ….
wir waren die einzigen gäste und der einzige uralte bedienstete mit einem breiten lächeln und ohne zähne hat sich überschlagen vor freude dass wir dort waren und hat uns fürsorglichst rundum verwöhnt
Das hört sich nach wunderschönen Erinnerungen an! Ja, ich denke auch, dass sich inzwischen viel geändert hat. Indien hat sich in dieser Zeit enorm entwickelt, aber auf dem Land entdeckt man immer noch das „alte“ Indien. Danke für deine Nachricht und liebe Grüsse aus Chennai Irène