Massenpanik in Indien

Massenpanik in Indien: 38 Tote bei der Wahlkampfveranstaltung von Vijay

Fassungslos sitzen mein Mann und ich heute Morgen vor dem Fernseher. Die Bilder, die wir sehen, lösen Trauer, Entsetzen, aber auch Wut in mir aus. Wieder einmal mehr gab es eine Massenpanik in Indien! Am Straßenrand liegen hunderte Schals, Flip-Flops und andere zurückgelassene Gegenstände. Es ist der Tag nach der Rede von Vijay, einem berühmten Schauspieler aus Tamil Nadu, der kürzlich eine politische Partei gegründet hat. Für seine Tamilaga Vettri Kazhagam (TVK) hielt er gestern Abend eine große Wahlkampfkundgebung.

Die darauf folgenden Bilder sind erschreckend. Wieder einmal bin ich sprachlos über die Sensationslust vieler indischer Medien, die offenbar keine ethischen Grenzen kennen. Denn die aufgebahrten Leichen und ihre trauernden und weinenden Angehörigen werden in Großaufnahme gezeigt. Anstatt den Opfern und Familien Respekt zu erweisen, wird das Leid instrumentalisiert, um Schlagzeilen zu generieren. 

Nach offiziellen Angaben verloren 38 Menschen bei der Kundgebung ihr Leben, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Hunderte weitere mussten medizinisch versorgt werden. Die Veranstaltung war ursprünglich als politische Großkundgebung im Vorfeld der Parlamentswahlen 2026 geplant. Offiziell waren rund 10.000 Teilnehmer zugelassen. Doch wie hätte sich die Menge begrenzen lassen, wenn man weiß, wie viele Fans Vijay hat? Dass deutlich mehr Menschen erscheinen würden, hätte man voraussehen können. Tatsächlich drängten nach Schätzungen der Behörden fast 50.000 Besucher auf das viel zu kleine Gelände.

Um einen kleinen Eindruck dieser Menschenmenge zu bekommen, verlinke ich euch ein Video.

Nach dem Verschwinden eines neunjährigen Mädchens im Gedränge wandte sich Vijay öffentlich an Polizei und Parteimitglieder mit der Bitte, das Kind zu finden – ein dramatischer Appell, der die Unruhe noch verstärkte. 

Die enorme Menschenmenge führte schließlich zu Chaos: Mehrere Personen, darunter Parteimitglieder und Kinder, brachen in der Enge bewusstlos zusammen. Vijay selbst musste seine Rede unterbrechen, forderte Ruhe und bat seine Anhänger, Rettungskräften Platz zu machen. Trotz seiner Bemühungen breitete sich Panik aus. Menschen stürzten, wurden niedergetrampelt oder erdrückt.

Massenpanik in Indien: Reaktionen von Politik und Verwaltung

Unmittelbar nach dem Vorfall eilten hochrangige Politiker und Beamte in die Krankenhäuser von Karur, um die Verletzten zu besuchen und sich ein Bild der Lage zu machen. Tamil Nadus Chief Minister MK Stalin bezeichnete das Geschehen als „besorgniserregend“ und ordnete umgehende medizinische Hilfe an. Unterstützt wurde er dabei vom Gesundheitsminister und weiteren Funktionären.

Premierminister Narendra Modi reagierte mit einer Botschaft auf X. Er sprach den Angehörigen der Opfer sein tiefes Beileid aus und betonte, dass seine Gedanken in dieser schweren Stunde bei den betroffenen Familien seien. Auch andere Politiker äußerten Bestürzung, wobei viele bereits jetzt strengere Auflagen für künftige Veranstaltungen fordern.

Während der Rettungsarbeiten griff die Polizei zeitweise mit Schlagstöcken ein, um die drängende Menge zu kontrollieren, was die Panik sicherlich noch verstärkte. 

Wasserflaschen wurden verteilt, medizinische Teams versorgten Verletzte. Doch die chaotische Situation machte deutlich, dass die Hilfsmaßnahmen unzureichend koordiniert waren.

Politischer Kontext

Die Kundgebung selbst stand im Zeichen von Vijays politischer Positionierung. Vom gefeierten Schauspieler ist er zum Politiker aufgestiegen. In seiner Rede stellte er einen bevorstehenden Wandel in der politischen Landschaft Tamil Nadus in Aussicht – eine klare Botschaft im Hinblick auf die Parlamentswahlen 2026. Dass diese Rede nun von einer Tragödie überschattet wurde, könnte langfristig Einfluss auf seine politische Karriere haben.

Trotz der Rückkehr zur Ordnung und dem späteren Fortgang der Veranstaltung bleiben viele Fragen offen:

  • Wer trägt die Verantwortung für diese Tragödie?
  • Gab es genug Sicherheitspersonal?
  • Waren die Notfallpläne ausreichend durchdacht?
  • Warum konnten sich weit mehr Menschen Zutritt verschaffen als offiziell vorgesehen?
  • Welche Maßnahmen sind künftig nötig, um Menschenmassen bei politischen Veranstaltungen sicher zu lenken?

Die Massenpanik von Karur zeigt, wie schnell Begeisterung in Chaos umschlagen kann, wenn Menschenmengen außer Kontrolle geraten. Eine Massenpanik in Indien ist leider keine Seltenheit – bei religiösen Festen, Pilgerreisen oder politischen Großveranstaltungen. Sicherheitskonzepte existieren zwar, werden aber oft nur unzureichend umgesetzt oder scheitern an der schieren Menge der Besucher.

Genau deshalb mache ich persönlich immer einen großen Bogen um Großveranstaltungen. Ich weiß, wie schnell die Lage kippen kann. Menschenmengen entwickeln ihre eigene Dynamik, und selbst gut gemeinte Aufrufe zur Ruhe helfen dann kaum.

Mein Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen und Verletzten. Ich hoffe inständig, dass die Verantwortlichen endlich aus diesem Drama lernen – damit nicht noch einmal so viele Menschen ihr Leben verlieren müssen.

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